Grüne Gentechnik werde von der Bevölkerung abgelehnt, heißt es häufig in politischen Debatten. Doch wenn man einmal genau hinsieht, ist das Meinungsbild weder einheitlich noch eindeutig.

Bei der letzten Naturbewusstseinsstudie von 2015 zum Beispiel zeigte sich ein interessanter Trend: Jüngere Menschen (18- bis 29-Jährige) sind der Gentechnik gegenüber weniger skeptisch eingestellt als ältere Bevölkerungsgruppen. So würden gerade einmal 36 Prozent der Befragten in der Gruppe der bis 29-Jährigen einem Verbot des Einsatzes von gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft zustimmen. 41 Prozent der Befragten in dieser Gruppe denken sogar, dass Gentechnik einen Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt leisten kann.

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Prof. Dr. Andreas Graner, Geschäftsführender Direktor des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, freut sich über dieses Ergebnis:

„Die Naturbewusstseinsstudie deutet auf eine wichtige Veränderung in der Beurteilung der grünen und weißen Gentechnik hin. Wenn junge Menschen der Gentechnik in der Landwirtschaft heute weniger ablehnend als im Jahr 2009 gegenüberstehen könnte das einen Hinweis auf eine gestiegene Sachkompetenz dieser Bevölkerungsgruppe darstellen. Ich interpretiere diese Entwicklung dahingehend, dass junge Menschen in zunehmendem Maße Panikmeldungen aus den Medien auf ihren Wahrheitsgehalt recherchieren und in der Lage sind, weltanschauliche Positionen von wissenschaftlichen Fakten zu differenzieren.“

Die Autoren der Studie sehen das etwas anders. Im Kapitel „Empfehlungen“ findet sich der folgende Abschnitt (S. 9/10):

„Politik und Verbände haben die Aufgabe, weiterhin den gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Gentechnik voranzutreiben und sachlich zu informieren. Dabei wäre es erstrebenswert, nicht nur naturwissenschaftliche Fakten in den Vordergrund zu stellen, sondern auch soziologische und ökonomische Aspekte transparent zu machen. Vor allem für die jüngere Generation, die einem Einsatz von Gentechnik und dem Konsum gentechnisch veränderter Lebensmittel weniger skeptisch gegenübersteht, ist es von großer Bedeutung, die ökologischen wie gesellschaftlichen Vor- und Nachteile der Gentechnik zu kennen und auch zu wissen, wer von dieser Technologie profitiert und wer die Lasten trägt.“

Da naturwissenschaftliche Fakten offensichtlich nicht ausreichen, um junge Menschen skeptisch werden zu lassen gegenüber Grüner Gentechnik, sollten Meinungsbildner in ihrer Argumentation vor allem auf ökologische und gesellschaftliche Aspekte abheben?

Dazu ist folgendes zu sagen: Ökologische Vor- und Nachteile einer Technologie wären für mich auch naturwissenschaftliche Fakten. Und: Auch unter diesem Aspekt spricht viel für den Einsatz Grüner Gentechnik. Auch bei der Frage, wem die Technologie nutzt, kann Grüne Gentechnik punkten. Es ist nämlich gar nicht so, wie häufig in den Medien transportiert, dass nur große Konzerne vom Einsatz Grüner Gentechnik profitieren. Leider wissen die Menschen noch viel zu wenig darüber, wie der Einsatz von gentechnisch verbesserten Nutzpflanzen gerade Kleinbauern hilft, ihr Einkommen zu verbessern. Traurig eigentlich, zumal wir mit Matin Qaim, Universität Göttingen, einen Forscher im eigenen Land haben, der sich mit diesem Thema bestens auskennt.

Richtig spannend wird es allerdings erst, wenn man sich das Fazit von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks zum Thema Gentechnik im Vorwort der Studie durchliest (S. 4):

„79 Prozent sprechen sich gegen den Einsatz von gentechnisch veränderten Futtermitteln aus, und 76 Prozent halten es für wichtig, dass der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen in der Landwirtschaft grundsätzlich verboten wird. Der Ausbau des Konsums regionaler Produkte sowie der Biolandwirtschaft wird dagegen stark befürwortet. Diese Zahlen sprechen für eine deutliche Haltung der Gesellschaft und bilden eine gute Grundlage für Verbote jeglichen Einsatzes von Gentechnik in der Lebensmittelproduktion.“

verbot_gtZum einen hat Dr. Hendricks hier eigenmächtig „sehr wichtig“ und „eher wichtig“ zu „wichtig“ zusammengefasst, was die ursprüngliche Fragestellung grob verfälscht. Und zum anderen sind „Verbote jeglichen Einsatzes von Gentechnik in der Lebensmittelproduktion“ nicht so einfach umzusetzen, wie sie vielleicht glaubt. Denn Gentechnik ist in der Lebensmittelproduktion längst Alltag. Schätzungen zufolge sind 60 bis 80 Prozent aller Lebensmittel, während ihres Herstellungsprozesses mit Gentechnik in Berührung gekommen. Zusatzstoffe, Vitamine, Aromen und Enzyme in unserem Essen werden oft mit gentechnisch hergestellten Organismen hergestellt. Ohne diese Technologie wären die Supermarktregale relativ leer.

 

3 Antworten zu „Umerziehung vorerst gescheitert”.

  1. Avatar von Wolfgang Nellen
    Wolfgang Nellen

    In den Empfehlungen der Autoren sind etliche Erstaunlichkeiten enthalten: Die Ökologie wird nicht als Naturwissenschaft betrachtet? Wie bitte?
    Der jüngeren Generation wird empfohlen, sich näher mit den (nicht-naturwissenschaftlichen?) Aspekten der Ökologie und den Gesellschaftswissenschaften zu befassen. Gut, kann nicht schaden. Dann sollte der älteren Generation, die der Gentechnik skeptisch gegenüber steht aber auch empfohlen werden, sich näher mit den naturwissenschaftlichen (auch naturwissenschaftlich-ökologischen) Aspekten zu beschäftigen. Wäre ja auch nicht unbedingt schädlich!

  2. Auf Französisch hier :

    http://seppi.over-blog.com/2017/04/la-reeducation-a-pour-le-moment-echoue.html

    Ich frage mich jedoch, ob diese Meinungsumfrage einen Anlass zum Optimismus bietet. Auf jeden Fall müssten viel mehr Leute der Aufklärung beitragen.

    Und die Frage muss gestellt werden : wozu dienen die Umweltministerien ?

  3. […] gepaart mit einseitiger Information durch NGOs und Medien resultiert. Umfragen wie die Naturbewusstseinsstudie 2015 zeigen, dass gerade jüngere Menschen mit einer besseren naturwissenschaftlichen Schulbildung der […]

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